Der beschwerliche Weg über den Westgrad zum Lagginhorn, 4.010 m

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mittlerer Gipfel: unser Tagesziel, das Lagginghorn

Aufstehen um 6 Uhr, Frühstück um halb sieben, damit wir in Saas-Grund die erste Gondel um 7.30 Uhr erwischen. Dann hoch bis zur Bergstation auf 3.200 m Höhe, ein kurzer Abstieg über den Feldweg und dann hinein in die Gletschermoräne bis zum Westgrad.

Hätte ich vorher gewusst, was mich erwartet, hätte ich die Sonnenterrasse des Hotels bevorzugt.

Im Schneefeld

Quer über die Wasserfälle der schmelzenden Gletscherzunge führt uns der Weg über Felsplatten und ein kleines Schneefeld, dann gesichert mit einem Drahtseil geht es über Gestein und Schotter bergauf. Gleich zu Beginn bleibe ich an einem Fels hängen und schramme mir die Außenseite des rechten Unterschenkels auf. Bevor wir den langen Grat erreichen, kommen uns die ersten Bergsteiger entgegen. Sie haben auf der Bergstation übernachtet und sind bereits zum Sonnenaufgang am Gipfel gewesen. Wir erfahren, dass wir schneefrei nach oben gelangen und deponieren unsere Steigeisen und unsere Trekkingstöcke, in der Hoffnung dass im Wallis nur ehrliche Bergsteiger unterwegs sind. Angeseilt geht es weiter auf dem Grat entlang.

Das Gipfelkreuz ist bereits deutlich zu sehen, doch der Aufstieg scheint nicht enden zu wollen.

Den Gipfel im Blick

Mal Schotterpfad, dann wieder leichtes Klettern, große Tritte und unbequeme Abschnitte, allmählich macht sich die Höhe bemerkbar. Warum nur wohne ich im Flachland, dessen höchste Erhebung gerade mal 114 m.ü.N.N. ist? Und die neuen Schuhe machen sich bemerkbar: Schnell noch am Tag vor der Abreise gekauft und nicht eingelaufen – genauso wie man es nicht machen soll. Kurz vor dem Gipfel muss ich den Schuh lockern, gefühlt habe ich an den Fersen dicke Blasen. Dann endlich nach 4,5 Stunden haben wir den Gipfel erreicht während bereits erste Wolken Regen ankündigen. Unser Bergführer gönnt uns nur eine kleine Verschnaufpause.

 

Hunger habe ich eh keinen, im Gegenteil, Kopfschmerzen und Übelkeit machen sich breit, resultierend von der ungewohnten Höhe.

Kletterpartie abwärts

Langsam geht es die gleiche Strecke bergab, ich fühle mich in der Seilschaft eher behindert beim Absteigen als gesichert. Die stärker werdende Übelkeit tut ihren Teil dazu. Allmählich kommen wir tiefer und erreichen bald unser Stockdepot. Hurra, alles noch da. Statt Seilsicherung helfen uns ab jetzt unsere Stöcke, meine Kopfschmerzen und die Übelkeit wollen einfach nicht weniger werden.

Plötzlich stolpere ich und ein spitzer schwerer Stein trifft mich am rechten Knöchel.

Der stechende Schmerz überlagert die Kopfschmerzen – ich weiß nicht was schlimmer ist. So hatte ich mir das alles nicht vorgestellt. Mittlerweile läuft uns die Zeit davon, denn wir müssen unbedingt die letzte Bahn ins Tal bekommen.

Durchhalten, Zähne zusammenbeißen, Schmerzen und Übelkeit ignorieren. Warum tue ich mir das schon wieder an?

Dunkle Wolken ziehen auf

Auch der Himmel verdunkelt sich, ein mächtiger Donner erfüllt das Tal, gefolgt von kurzem heftigen Regen. Immerhin haben wir bereits den breiten Fußweg erreicht und können sicher sein, die Bahn zu erwischen. Wir haben sogar noch Zeit, uns die Regenjacken überzuziehen.  Dann geht es hinunter ins Tag, wo die Walliser bei Sonnenschein ihren Nationalfeiertag, den 1. August feiern.

Pünktlich zum Abendessen hat sich mein Zustand positiv verändert und ich kann das leckere Menü und den Wein geniessen.

Tagesbilanz: Distanz 6 km, 1.100 Aufstiegsmeter (und genauso viele wieder hinunter), geschwollener Knöchel, aufgeschürfter Unterschenkel, mega hungrig, glücklich erschöpft und zufriedener Schlaf. Und der nächste Berg wartet…

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