Wir hatten uns bei der Planung dieser Tour viel vorgenommen – vier Gipfel, Kugelhorn (2.126m) Rauhhorn (2.241m), Gaishorn (2.247m) und Ponten (2.045m) standen auf unserem Plan. Dazwischen den ein oder anderen alpinen Steig. Soweit so gut geplant. Aber wie sagte schon Generalfeldmarschall Graf von Moltke (1800 – 1891) sinngemäß „Kein Plan überlebt die erste Feindberührung“.
Für die Umsetzung unseres Vorhabens wollten wir früh aufbrechen. Wir hatten eine Unterkunft in Oberjoch und da wir uns zum Ziel gesetzt haben, alle Fahrten in der ausgewählten Urlaubsregion mit dem ÖPNV zu machen gab‘s hier schon die erste Hürde. Der erste Bus nach Tannheim fuhr kurz vor 09.00 Uhr. Die Weiterfahrt in Tannheim mit dem Postbus zum Vilsalpsee war 09.20 Uhr, d.h. die ersten Schritte entlang der Westseite des idyllisch gelegen gleichnamigen Sees setzten wir kurz nach Knopperszeit (09.30 Uhr).
In diesem Zusammenhang fiel uns vor Ort auch auf, dass wir unsere Tour nicht in die Abendstunden ausdehnen konnten. Laut Plan wollten wir am Ende in Schattwald wieder in den Bus einsteigen und zurück nach Oberjoch zu fahren. Der letzte Bus fährt aber bereits 17.19 Uhr … So blieb für unser Vorhaben ein Zeitfenster von knapp acht Stunden.
Wandern am Ufer des Vilsalpsees
Es ging gemütlich bis zur Vilsalpe (1.178m). Für eine Einkehr war es uns zu früh, so dass wir uns gleich an den Aufstieg Richtung Gaiseckjoch machten. Es war bewölkt, trotzdem gut 28°C warm mit einer gefühlten Luftfeuchtigkeit von 80%. Ich kann mich nicht erinnern bei einem Aufstieg schon mal so ins Schwitzen gekommen zu sein. Kurz unterhalb des Jochs kreuzen wir den Jubiläumsweg und folgen diesem im Schatten des Rauhhorns nach links bis auf die Hintere Schafwanne (1.965m).
Rauhorn direkt statt Umweg über das Kugelhorn
Hier muss eine Entscheidung her, der Himmel zieht sich immer mehr zu und nach einer kritischen Prüfung der WetterApp streichen wir den Abstecher auf das Kugelhorn und kraxeln über den alpinen Steig dem Gipfel des Rauhhorns entgegen. Der Funfaktor auf diesem Pfad ist für uns hoch, wir bewegen uns durch unterschiedliches Gelände mit ausgesetzten, ungesicherten Passagen und Kletterei bis II+, was uns den doch recht strapaziösen Aufstieg vergessen lässt. Wenn nur diese dunklen Wolken nicht wären …
Die sind der Grund, warum unsere Gipfelrast recht kurz ausfällt. Wir wollen das felsige Gelände hinter uns bringen bevor es zum Regnen anfängt und der Weg über die Steine zu riskant wird. Der Weg hinunter zum Gaiseckjoch ist weit weniger anspruchsvoll, es sind zwei ungesicherte Wandstufen und zwei geröllige Passagen zu überwinden bevor wir auf dem Grat über angenehm grasiges Gelände am Gaiseckjoch ankommen. Jetzt machen wir erstmal eine verdiente Pause.
Gaishorn oder Abstieg?
Die nächste Entscheidung steht an … weiter aufs Gaishorn oder Abstieg zum Vilsalpsee. Auf zweiteres haben wir absolut keine Lust – zu steil, schon bekannt vom Aufstieg und überhaupt. Wieder ein prüfender Blick auf die WetterApp. Das Regenradar zeigt nichts an, also auf zum Gaishorn. Oben angekommen werden wir mit einem wunderbaren Blick auf den Vilsalpsee und einen Rückblick auf das Rauhhorn und den Grat über den wir gekraxelt sind belohnt.
Wir entschließen uns über den Gaishornsteig zum Zierleseck abzusteigen.
Zunächst ist es eine relativ entspannte Gratwanderung, dann geht es einen versicherten Spalt hinunter, über abgestuftes Gelände zu einer abwärtsführenden Rinne, über eine große Alpwiese und nochmal einen felsigen Grat entlang und wir stehen auf dem Zierleseck (1.872m).
Jetzt haben wir drei Möglichkeiten um nach Schattwald zur Bushaltestelle zu gelangen– über den Ponten, über die Rohnenspitze und einen weiteren alpinen Steig oder den direkten Abstieg. Der Blick auf die Uhr zeigt – alles geht noch.
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Bauch über Kopf
Der Kopf hängt an unserem Plan, also auf zum Ponten, oder? Schwerer wiegen unser Bauchgefühl, die müden Beine und die mittlerweile arg strapazierte Konzentrationsfähigkeit. Wir entscheiden uns für den Bauch, nehmen ohne Schnörkel den direkten Weg hinunter nach Schattwald und schaffen sogar den vorletzten Bus der uns zufrieden und müde zurück nach Oberjoch bringt.
Fazit: Die Überschreitung des Rauhhorns war eine, der geneigte Leser verzeihe mir den Ausdruck, geile Tour. Die Verlängerung über das Gaishorn zum Zierleseck ist eine schöne Zugabe. Und wir werden zukünftig etwas konservativer planen. Erstens setzten wir uns dann weniger unter Druck und zweitens bleibt die Aktion das was sie sein sollte – entspannend und erholsam.
Bemerkung: Beide Touren, Überschreitung Rauhhorn und Gaishornsteig, sind erstaunlicherweise auch im Klettersteig-Atlas Deutschland zu finden, obwohl sie definitiv kein Klettersteig im klassischen Sinne sind. Die dort enthaltene Route beschreibt beide in der Gegenrichtung. Aus meiner Sicht passt das für den Gaishornsteig, für das Rauhhorn empfehle ich unsere Variante. Man hat dabei die anspruchsvollere Strecke im Aufstieg.