Endlich Weihnachten – doch wo bleibt die Besinnung?

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Merry Christmas everyone!

Tag 6: 24.12.2018, Heilig Abend

Die Nacht war wieder frostig und bevor wir wie jeden Morgen bei Bilderbuchwetter loswandern, überfliegen uns zwei Helikopter, wovon einer direkt neben unserem Nachtlager am Ufer des Lake Michaelson landet. An Bord sind Touristen, die den Mount Kenia bereits in der Morgensonne von oben genossen haben und jetzt noch frische Forellen angeln gehen. Wir wollen lieber nicht wissen, ob sie dafür eine Genehmigung haben, denn das Angeln am See ist an besondere Bedingungen geknüpft.

Wir lassen die Touristen Fische fangen und brechen auf in Richtung Gipfel, heute stehen 1.200 Höhenmeter aufwärts auf dem Programm. Nach wie vor finde ich die Landschaft wenig reizvoll und vermute, dass ich von den Erlebnissen 2017 im Ruwenzori-Gebirge sehr verwöhnt bin.

Es geht stetig bergauf, doch weder zeigen sich Kopfschmerzen noch lassen Menge und Farbe des Urins auf die Höhenkrankheit schließen.

Einzig stutzig macht mich, dass ich keinen Hunger habe und auch keinen Appetit verspüre.

Und dann aus dem Nichts und ohne Vorwarnung überfällt mich eine heftige Müdigkeit und eine bleierne Schwere legt sich auf meinen Körper. Jeder Schritt fällt mir schwer und ich ordne es zum jetzigen Zeitpunkt einer Konditionsschwäche mangels schlechter Trainingsvorbereitung zu.

Der Weg zum Gipfel ist steinig und schwer. Da nutzt es auch nichts, die bekannte Melodie leise vor mich hin zu singen. Die Steine bleiben…

Mir ist bereits klar geworden, dass ich die Klettertour am nächsten Tag zum Top of Kenia, den Batian mit seinen 5.199 m, nicht werde antreten können. Doch jetzt überlege ich auch den Lenana Peak zu umgehen und direkt zu unserem Nachtlager, der Austrian Hut auf 4.700 Meter zu gehen. Unser Guide erklärt mir aber, dass die Abzweigung für den Shortcut bereits weit hinter uns liegt und der Weg nur noch über den Gipfel führt.

Ich schwöre mir, 2019 die Weihnachtstage im heimischen Wohnzimmer zu verbringen.

Während ich mich hinaufquäle denke ich, wie gemütlich doch Weihnachten zuhause im Kreise der Familie sein könnte und ich verfluche nicht das letzte Mal am heutigen Tage meinen Mann, der mich zu dieser Tortour überredet hat.

Schließlich erreiche ich den Gipfel auf 4.985 m – Berg heil – und schlafe dort im Sitzen ein. Selbst für das Gipfelfoto habe ich keine Energie mehr und der Abstieg erscheint mir viel zu anstrengend. Doch es hilft nichts, ich muss aufstehen und weitergehen.

Wir steigen einen mit Schnee bedeckten und mit Drahtseilen gesicherten Weg ab bis zur Austria Hut, wo die Küchencrew bereits mit unserem Lunch wartet. Schon der Gedanke an Essen gruselt mich, starke Übelkeit überfällt mich und ich warte darauf, dass ich mich übergeben muss.

Anmerkung Marcus: Ich bin körperlich platt. Die drei Monate Trainingspause schlagen gerade voll zu. Wenigstens verschont mich die Höhenkrankheit. Auf dem Weg hinunter zur Austrian Hut rutsche ich im Geröll zwei mal aus. Mir kommen immer mehr Zweifel, ob der für morgen angesetzten Klettertour. Letztendlich treffe ich die Entscheidung nicht mit zu klettern. Riesige Enttäuschung überkommt mich, ich muss mich erstmal zurückziehen und lasse den Tränen freuen Lauf.

Es ist weder an Essen noch an Übernachtung auf dieser Höhe zu denken – sie hat mich also erfasst, die Höhenkrankheit.

Also steigen wir eine gefühlte halbe Ewigkeit ab bis zum Camp auf 4.200 Metern Höhe. Mittlerweile hat auch Marcus beschlossen, den Batian am nächsten Tag nicht in Angriff zu nehmen – der Rücken macht nicht mit –  und er steigt mit mir ab. Unterwegs muss ich mich übergeben, ein erleichterndes Gefühl.

Im Camp ist glücklicherweise das Zelt schon aufgebaut und ich schaffe es gerade noch so, mich bettfertig zu machen und kann mit meinem Rucksack unter der Isomatte halb sitzend schlafend der Übelkeit während der Nacht trotzen. Wider Erwarten schlafe ich traumhaft gut.

Tag 7, 25.12.2018

Bereits die erste Tasse Tee am Morgen gehört der Wiese und wir beschließen auf 3.000 Meter abzusteigen.

Ich habe seit 24 Stunden weder gegessen noch konnte ich Flüssigkeit bei mir behalten. Dennoch habe ich anders als damals beim Aufstieg zur Margheritaspitze meinen Körper unter Kontrolle, lediglich der einkehrende Unterzucker macht mir zu schaffen.

Glücklicherweise kann ich im Laufe des Tages erste Erfolge aufweisen, denn Wasser und Kekse bleiben im Magen. Der Weg ist beschwerlich durch Sumpf und über Steine und die Gummistiefel wie auf unserer Tour in Uganda wären eine echte Bereicherung.

Schließlich erreichen wir das Base Camp am Ausgang des Parks und ich fühle mich frisch und erholt – als ob es nie anders gewesen wäre.

Es ist wie ein Wunder.

Tag 8, 26.12.2018 und Tag 9, 27.12.2018

Es ist wie immer ein herrlicher Morgen, wir packen unsere Taschen und machen uns bereit für die lange Rückfahrt nach Nairobi. Natürlich nicht ohne die obligatorische Abschiedszeremonie bei der die Trinkgelder verteilt werden.

Die ersten Kilometer fahren Küchencrew samt Ausrüstung und unsere Guides mit und es ist erstaunlich, wie viele Personen und Gepäck man in Afrika in einen Kleinbus laden kann.

Unser Mittagessen nehmen wir heute im Hause des Chief Guides Duncan ein und lernen seine Familie kennen. Am Abend speisen wir in Nairobi und die Nacht wird mal wieder kurz – wir werden um 2.30 Uhr in der Nacht abgeholt. Der Fahrer ist überpünktlich und klingelt uns schon um 2 Uhr aus dem Bett – große Klasse.

Dieses Mal sagen wir „pole pole“ und lassen uns nicht hetzen. Heute lassen wir den Fahrer warten.

Buchtipp:

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